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Arbeitsrecht

Voraussetzung für eine Abmahnung – Fristen, Zugang, Verjährung

© Rafael Ben-Ari / Fotolia

Voraussetzung für eine Abmahnung – Wenn der Chef auf einmal eine Abmahnung ausspricht, wissen viele Arbeitnehmer nicht, was das für Folgen hat. Es herrscht Unkenntnis darüber, wie man am besten darauf reagiert, wie lange eine Abmahnung gültig ist oder woran man erkennt, ob eine Abmahnung ungültig ist. Alles, was man als Arbeitnehmer rund um die Abmahnung im Arbeitsrecht wissen sollte, haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Was versteht man unter einer Abmahnung?

Während eines Arbeitsverhältnisses kommt es häufig zu Ermahnungen und Kritik von Seiten des Arbeitgebers. Doch dabei handelt es sich nicht immer um eine Abmahnung. Damit eine Abmahnung im Arbeitsrecht wirksam ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Eine wirksame Abmahnung im Arbeitsrecht muss zuerst einmal eine möglichst genaue Beschreibung des abgemahnten Verhaltens erhalten, außerdem den Zeitpunkt, an dem es sich zugetragen hat. Als zweites muss der Arbeitgeber dieses Verhalten klar als einen Vertragsverstoß deklarieren und dazu auffordern, dieses künftig zu unterlassen. Drittens muss der Arbeitgeber mit einer Kündigung drohen, sollte sich dieses Verhalten in Zukunft wiederholen.

Erst wenn alle diese Voraussetzungen gemeinsam vorliegen, ist die Abmahnung im Arbeitsrecht wirksam. Keine Rolle spielt es, ob der Arbeitgeber diese auch tatsächlich „Abmahnung“ nennt. Solange die Voraussetzungen erfüllt sind, ist es egal, wie der Arbeitgeber die Vorwürfe bezeichnet.

Eine Abmahnung ist im Arbeitsrecht also nur möglich, wenn es um tatsächlich steuerbares Verhalten geht. Wegen häufiger Krankheit kann im Arbeitsrecht demzufolge nicht abgemahnt werden, weil der Arbeitnehmer ja keine Schuld daran trägt.

Eine Abmahnung muss nicht unbedingt schriftlich erteilt werden, eine mündliche Erklärung ist auch wirksam. Allerdings empfiehlt es sich, immer schriftlich abzumahnen. Falls es danach zu einer Kündigung und anschließend zu einem Kündigungsschutzprozess kommt, muss der Arbeitgeber nämlich vor Gericht beweisen, dass es einen wichtigen Grund für die Abmahnung gab und ein arbeitsvertraglicher Verstoß vorlag. Dies lässt sich am einfachsten mittels eines schriftlichen Abmahnungsschreibens nachweisen.

Die Abmahnung durch den Arbeitgeber kann von jeder Person, die zur Kündigung berechtigt ist, ausgesprochen werden. Auch Personen, denen gegenüber der Arbeitnehmer weisungsgebunden ist, können abmahnen. Ebenso kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen, wenn dieser seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, zum Beispiel indem er den Lohn regelmäßig zu spät auszahlt.

Der Arbeitgeber hat im Arbeitsrecht die Möglichkeit, die Abmahnung in die Personalakte des Abgemahnten aufzunehmen, wenn er vorher den Arbeitnehmer dazu anhört. Dieser hat wiederum die Möglichkeit, seiner Personalakte eine Gegendarstellung hinzuzufügen.

Welche Bedeutung hat eine Abmahnung im Arbeitsrecht?

Eine Abmahnung ist im Arbeitsrecht wichtig, um Verstöße gegen den Arbeitsvertrag zu rügen. Nimmt der Arbeitgeber nämlich ein solches vertragswidriges Verhalten einfach stillschweigend hin, so kann dies über einen längeren Zeitraum hinweg zu einer Vertragsänderung führen. Durch konkludentes Verhalten würde somit ein neuer Vertrag mit anderen Bedingungen entstehen. Um dies zu verhindern, muss vertragswidriges Verhalten im Arbeitsrecht durch den Arbeitgeber abgemahnt werden.

Entgegen einer landläufigen Vorstellung braucht es für eine Kündigung im Arbeitsrecht keine drei Abmahnungen, eine Einzige reicht schon aus.
Die Abmahnung im Arbeitsrecht ist aber auch noch aus einem anderen Grund für den Arbeitgeber wichtig. Wenn nämlich das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, darf der Arbeitgeber eine Kündigung nur aussprechen, wenn diese sozial gerechtfertigt ist. Dies ist im Arbeitsrecht unter anderem der Fall, wenn ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Dabei handelt es sich um eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch steuerbares Verhalten. Damit eine Kündigung aus diesem Grund aber auch wirksam ist, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher abgemahnt haben. Damit soll sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit bekommt, sein Verhalten zu ändern, bevor er deswegen gekündigt wird. Wurde der Arbeitnehmer jedoch abgemahnt und verstößt trotzdem weiterhin gegen genau diese abgemahnte Vertragspflicht, so kann der Arbeitgeber ihn deswegen, ohne eine erneute Abmahnung aussprechen zu müssen, kündigen. Eine einmalige Abmahnung reicht im Arbeitsrecht also schon, um den Arbeitnehmer kündigen zu können. Stellt der Arbeitnehmer nämlich sein Verhalten danach nicht um, so ist auch nicht zu erwarten, dass er dies nach einer erneuten Abmahnung tuen würde. Auf die Abmahnung  kann im Arbeitsrecht nur ausnahmsweise verzichtet werden, nämlich wenn der Pflichtverstoß des Arbeitnehmers so schwerwiegend war, dass der Arbeitgeber diesen nicht hinnehmen muss und wenn die Abmahnung auch keine Warnfunktion mehr hätte.

Auch bei Arbeitnehmergruppen, die im Arbeitsrecht einen besonderen Kündigungsschutz genießen, wie zum Beispiel Schwangere oder Schwerbehinderte, ist eine Abmahnung Voraussetzung, um eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen zu können.

Bei einer außerordentlichen Kündigung gemäß Arbeitsrecht kann eine Abmahnung ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Wenn der Pflichtverstoß des Arbeitnehmers, zum Beispiel Diebstahl, zwar erheblich war, aber keinen schlimmen Schaden verursacht hat und ein einmaliger Ausrutscher während eines langen Arbeitsverhältnisses ohne andere Verstöße war, muss erst abgemahnt werden, bevor außerordentlich gekündigt werden kann.

Auch bei einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung von ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber laut Arbeitsrecht vorher eine Abmahnung aussprechen.

Gibt es Fristen bei der Abmahnung?

Im Allgemeinen müssen im Arbeitsrecht keine Fristen beachtet werden, um abzumahnen. Der Arbeitgeber kann eine Abmahnung aussprechen, obwohl der entsprechende Vertragsverstoß schon einige Zeit zurück liegt.

Mit Blick auf die Zukunft hat die Abmahnung im Arbeitsrecht aber sehr wohl eine befristete Wirkung. Liegt die Abmahnung wegen eines bestimmten Pflichtverstoßes schon lange Jahre zurück, in denen der Arbeitnehmer sich nichts hat zuschulden kommen lassen, so wird eine Kündigung wegen eines erneuten Vertragsverstoßes regelmäßig unverhältnismäßig sein. In diesem Fall müsste der Arbeitgeber erneut abmahnen, bevor er dem Arbeitnehmer kündigen kann.

Will der Betroffene gegen die Abmahnung im Arbeitsrecht vorgehen, so muss er für einen Widerspruch oder eine Gegendarstellung ebenfalls keine Fristen beachten. Auch eine Klage auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte unterliegt keinen Fristen.

Wie kann man gegen eine Abmahnung im Arbeitsrecht vorgehen?

Wenn man Zweifel an der Wirksamkeit einer Abmahnung im Arbeitsrecht hat, sollte man unbedingt dagegen vorgehen.

Vor allem bei einer mündlich ausgesprochenen Abmahnung sollte man zunächst einmal Beweise sammeln. Wenn andere Arbeitnehmer zugegen waren sollte man diese bitten, das Geschehen zu bestätigen. Auch sollte keine schriftliche Abmahnung unterschrieben werden, mit deren Unterzeichnung der Betroffene anerkennt, dass sie sachlich berechtigt ist.

Weiterhin sollte, wenn die Abmahnung in die Personalakte aufgenommen wurde, vom Betroffenen eine Gegendarstellung verfasst werden. Der Arbeitnehmer hat das Recht, vom Arbeitgeber die Aufnahme dieser Gegendarstellung in die Personalakte zu verlangen.

Außerdem sollte der Betroffene umgehend Beschwerde beim Betriebsrat einlegen und diesen um Hilfe bitten.

Falls sich die Abmahnung tatsächlich als unberechtigt herausstellt, kann der Arbeitnehmer auf deren Rücknahme klagen. Er hat außerdem einen Anspruch darauf, dass diese aus der Personalakte entfernt wird. Dieser Anspruch kann ebenfalls eingeklagt werden.

Fazit

Die Abmahnung birgt ein großes Kündigungsrisiko für den Arbeitnehmer. Entgegen einer landläufigen Vorstellung braucht es für eine Kündigung im Arbeitsrecht keine drei Abmahnungen, eine Einzige reicht schon aus. Aus diesem Grund sollte der Abgemahnte immer überprüfen, ob die Abmahnung alle geforderten Voraussetzungen erfüllt und wirksam ist. Bestehen daran berechtigte Zweifel, sollte sofort dagegen vorgegangen werden. Nach einer gewissen Zeit, in denen das abgemahnte Verhalten nicht aufgetreten ist, verliert die Abmahnung wieder ihre Funktion als Kündigungsgrund.

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