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Arbeitsrecht

Wer hat Anspruch auf eine Abfindung und was ist zu beachten?

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Anspruch auf eine Abfindung? Sie wurden gekündigt und Ihnen wurde keine Abfindung gezahlt? Sie halten das für eine gewaltige Frechheit. Doch was ist überhaupt eine Abfindung und haben Sie überhaupt einen rechtlichen Anspruch auf Zahlung? Und falls ja, können Sie diese nachträglich noch erhalten? All diese Fragen klären wir im folgenden Ratgeber!

Was wird im Arbeitsrecht unter einer Abfindung verstanden?

Als Abfindung wird im deutschen Arbeitsrecht eine spezielle einmalige Zahlung bezeichnet, welche ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bei der Einstellung seiner Beschäftigung zahlt, um den Wegfall der Tätigkeit und die damit verbundene Beendigung der Lohnzahlung zu entschädigen.

Personen, welche zwar erwerbstätig sind, jedoch nicht als Arbeitnehmer, sondern nur als sozialpflichtiger Mitarbeiter eingestuft werden, können genau so eine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten. Dieses Szenario ist oftmals bei Fremdgeschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Fall.

Der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nach § 89b HGB stellt keine Abfindung dar, sondern dieser ist lediglich eine finanzielle Ausgleichszahlung.

Besteht immer Anspruch auf eine Abfindung?

Im Normalfall werden sie fristgerecht und ordentlich gekündigt. Doch haben Sie nun einen rechtlichen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung? Ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf eine Abfindung seitens des Arbeitnehmers besteht bei einer solchen ordentlichen Kündigung nicht. Jedoch zahlen viele Arbeitgeber trotzdem eine Abfindung. Der Grund dafür ist nicht etwa, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hätte, sondern in der Praxis ist es so, dass sich der Arbeitgeber in gewisser Hinsicht das Einverständnis des Arbeitnehmers zur Einstellung des Arbeitsverhältnis erkauft. Somit vermeidet der Arbeitgeber drohende Prozessrisiken, welche unter Umständen sehr teuer für ihn werden können.

Diese Risikoverminderung stellt den hauptsächlichen Grund der Abfindungszahlung dar.

 

Wann besteht ein Anspruch auf eine Abfindung?

Doch gibt es Ausnahmen, in denen ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf die Zahlung einer solchen Abfindung tatsächlich besteht?

Ja, die gibt es!

Ein Anspruch entsteht dann, wenn es eine besondere rechtliche Anspruchsgrundlage gibt. Aus den folgenden Anspruchsgrundlagen kann man einen Anspruch auf eine Abfindung herleiten:

  • In sehr seltenen Fällen ist es im Arbeitsvertrag vereinbart, dass der Arbeitnehmer bei einer Kündigung einen Abfindungsanspruch hat.
  • Eine zweite anspruchsbegründende Regelung kann sich aus dem Tarifvertrag ergeben. In einigen Geschäftszweigen wird in Tarifverträgen ein Anspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung des Arbeitnehmers geregelt.
  • Hat das Unternehmen einen Betriebsrat, so kann es sein, dass die Zahlung einer Abfindung bei betriebsbedingter Beendigung der Tätigkeit der Arbeitnehmer in einem Sozialplan festgehalten ist.
  • In Geschäftsführerverträgen oder auch in Einzelarbeitsverträgen kann ein solcher Anspruch ebenfalls geregelt sein.
  • Es ist zudem möglich, dass beide Parteien einen Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung schließen und somit der Anspruch auf Zahlung der Abfindung geregelt ist.
  • Letztlich ist es möglich, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung in Verbindung mit einer Abfindung anbietet und er dabei auf den §1a KschG verweist. Auch dies führt zur Entstehung eines Anspruchs auf die Zahlung der Abfindung.

Eine Abfindung nach Vergleich vor dem Arbeitsgericht

Allerdings kommt es sehr häufig vor, dass nur die Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten, welche mithilfe einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Klage erheben.

Nachdem diese Klage erhoben und dem Arbeitgeber zugänglich gemacht wurde, findet als erstes eine sogenannte Güteverhandlung statt. In dieser Verhandlung haben beide Parteien die Möglichkeit, den Sachverhalt vor dem Vorsitzenden der Kammer zu diskutieren. Die Vergabe des Termins für die Güteverhandlung dauert bei Kündigungsschutzklagen in etwa zwei Wochen ab der Klageerhebung (§61a (2) ArbGG), allerdings kann es auch bis zu sechs Wochen dauern.

Häufig ist es der Fall, dass in einem Kündigungsschutzprozess bereits während des so genannten Gütetermins (der erste Gerichtstermin)  alle Streitigkeiten durch einen Abfindungsvergleich geklärt werden. Hierbei einigen sich beide Vertragsparteien auf den Termin der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auf die Zahlung einer Abfindung. Es kann also sein, dass der Prozess innerhalb von nur zwei Wochen vorbei ist.

Tritt keine Einigung ein, wird ein erneuter Termin vergeben, wo nun die vollständige Kammer des Arbeitsgerichts anwesend ist. Dieser zweite Termin heißt deshalb Kammertermin. Der Arbeitgeber hat bis zu diesem Kammertermin Zeit, um sich schriftlich gegen die Klage zu wehren und diese zu erwidern. Der betroffene Arbeitnehmer kann darauf dann wieder schriftlich erwidern usw.

Entweder die Parteien einigen sich beim Kammertermin auf einen Abfindungsvergleich oder es ergeht ein Urteil des Gerichts.

Abfindung bei Massenentlassungen (sogenannte Sozialpläne)

Sozialpläne enthalten sämtliche Regelungen, die dazu beitragen, wirtschaftliche Nachteile des Arbeitnehmers bei Betriebsänderung auszugleichen oder abzuschwächen. Über den Inhalt des Sozialplans entscheiden der Arbeitgeber und der Betriebsrat. Oftmals besteht die Betriebsänderung, welche dem Sozialplan zugrunde liegt, in Entlassungen der Belegschaft. Daraus folgt, dass der Sozialplan Abfindungsansprüche im Falle einer Entlassung der Arbeitnehmer bei Betriebsänderung enthält.

Bei Massenentlassungen hat man also in den meisten Fällen einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung.

Wie wird eine Abfindung berechnet?

Es gibt keine festgelegte Regel oder Formel, um die Höhe der „richtigen“ Abfindung zu berechnen. Allerdings orientieren sich viele Arbeitgeber bei Verhandlung über die Abfindung immer wieder an der sogenannten Regelabfindung. Diese bemisst eine angemessene Abfindung auf ein halbes bis ein volles Monatsgehalt (brutto) pro Beschäftigungsjahr.

Ein Arbeitnehmer, der beispielsweise seit 20 Jahren im Unternehmen beschäftigt war und monatlich ein Bruttogehalt von 2.500€ bezogen hat, würde so je nach Auslegung der Regelabfindung eine Abfindung von 25.000€ und 50.000€ bekommen. Die Summe der Abfindung kann aber auch deutlich höher beziehungsweise niedriger ausfallen. Das hängt von der Finanzlage des Arbeitgebers, der Verhandlungssituation und dem Verhandlungsgeschick ab. Die Berechnung der Abfindungssumme ist also reine Verhandlungssache.

Wie wird eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?

Doch wie sieht es eigentlich mit dem Erhalt des Arbeitslosengeldes aus, wenn man eine Abfindung kassiert hat? Die Zahlung einer Abfindung nach einer Kündigung hat allgemein gesagt keine negativen Auswirkungen auf den zukünftigen Erhalt von Arbeitslosengeld. Es müssen jedoch einige Ausnahmen beachtet werden.

Haben Sie beispielsweise mit Ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag verhandelt und abgeschlossen, so müssen Sie mit einer Sperrzeit des Arbeitslosengeldes rechnen. Das gleiche gilt auch bei Abwicklungsverträgen. Diese Ausnahmen werden gemacht, weil der Arbeitnehmer durch diese Verträge sein Arbeitsverhältnis freiwillig aufgibt. Außerdem können negative Folgen bezüglich Ihres Arbeitslosengeldanspruchs entstehen, wenn Sie als Arbeitnehmer eingewilligt haben, die Kündigungsfristen zu verkürzen.

Wie wird eine Abfindung versteuert?

Eine weitere Frage, die man sich möglicherweise stellt, ist, ob eine Abfindung versteuert wird. Die Abfindung an sich stellt kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar, weil sie sich nach der aktuellen Rechtsprechung seitens des Bundessozialgerichts nicht in den Zeitraum zuordnen lässt, in der der Arbeitnehmer beschäftigt war, sondern die Abfindung aufgrund der zukünftig ausbleibenden Lohnzahlung gezahlt wird.

Aus diesem Grund werden von der Abfindung keine Sozialabgaben abgezogen. Es werden also weder Rentenversicherung noch Krankenversicherung oder Pflege- und Arbeitslosenversicherung berechnet.

Allerdings unterliegt die Abfindung in vollem Maß den Prinzipien der Einkommensteuer, also der Lohnsteuer als einer speziellen Form der Einkommenssteuer. Wie hoch die Lohnsteuer ist und ob und wie sie abgeführt wird, hat der Arbeitgeber zu verantworten. Er muss also bei der Entrichtung der Abfindung die Höhe der Steuer berechnen und diese an das zuständige Finanzamt zahlen.

Fazit zum Thema Abfindung im Arbeitsrecht

Wie man sieht, ist es im deutschen Arbeitsrecht also nicht selbstverständlich, dass man als Arbeitnehmer eine Abfindung gezahlt bekommt. Es kommt immer darauf an, ob Sie nur ordentlich gekündigt wurden und Ihr Anspruch somit rechtlich nicht existiert oder ob es sich in Ihrem Fall um eine Ausnahme handelt.

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