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Vorsicht: Inkasso – Wie Sie sich wehren können

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Wie wehren Sie sich gegen ein Inkassounternehmen? – Inkassounternehmen genießen im Allgemeinen keinen guten Ruf. Erinnern wir uns an das aus der Fernsehwerbung stammende Inkasso Team Moskau, welches ihr grimmig anmutendes Personal mit schwarzen Mänteln, kugelsicheren Westen und glatzköpfig unter dem Wahl- und Drohspruch „Sie brauchen kein Russisch können, um uns zu verstehen“ öffentlich präsentierte. Doch auch wenn Sie in die Situation gelangen, dass ein Inkassounternehmen Geld von Ihnen einfordert – verzagen Sie nicht: wir zeigen Ihnen Ihre Rechte!

Grundsätzlich: Was ist Inkasso?

Als Inkassounternehmen oder –büro bezeichnet man Dienstleister, welche für Gläubiger Schulden und Forderungen eintreiben. Juristisch wird dies recht harmlos als „gewerbsmäßige Einziehung  von Forderungen“ bezeichnet.

Inkassounternehmen genießen in Deutschland und darüber hinaus einen schlechten Ruf – Ihnen wird nachgesagt, Forderungen auch mit unseriösen und drohähnlichen Mitteln von den oft hilflosen Schuldnern zu erlangen.

Inkassogebühren: Geht das? Und wie hoch?

Grundsätzlich sind zusätzliche vom Inkassounternehmen geforderte Gebühren durchaus zulässig. Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um sogenannte Verzugsschäden, also Kompensationen für die verspätete Begleichung der entsprechenden Forderungen.

Voraussetzung hierfür ist allerdings zwingend, dass der eigentliche Anspruch des Gläubigers auch besteht. Sollte ein Inkassounternehmen für einen Gläubiger Schulden eintreiben, die eigentlich gar nicht bestehen, ist man zur Zahlung von Gebühren nicht verpflichtet. Ferner muss der Gläubiger bei Einschaltung des Inkassobüros in der Erwartung handeln, auch tatsächlich die Forderungen zu erhalten. Nach Ansicht der Rechtslehre (NJW-RR 1987) sind Inkassokosten für den Schuldner stets dann unzulässig, wenn von vornherein seine Zahlungsunfähigkeit und/oder Zahlungsunwilligkeit klar ist. Denn da bedeute die Beauftragung des Inkassounternehmens lediglich eine sinnlose Beschwer, die obendrein nicht erforderlich ist, da der nächste logische Schritt eigentlich die Einschaltung eines Anwalts wäre.

Die Höhe eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs, wie er meist vom Inkassounternehmen bezeichnet wird, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, muss allerdings stets die Kosten des Unternehmens wiederspiegeln. Darin sind dann meist Kontogebühren, Auslagen für das Personal und Umsatzsteuer enthalten. Als Faustregel kann man mit Gebühren in Höhe von 5-10% der eigentlichen Forderungssumme rechnen. Obergrenze bildet nach Ansicht des Oberlandesgerichts Köln die Rechtsanwaltsgebühren nach dem Rechtsvergütungsgesetz (Az. 6 U 60/03).

In aller Regel bestehen die Gebühren weiter, wenn das Inkassounternehmen aufgrund des Schuldners erfolglos bleibt und die Sache an einen Rechtsanwalt weitergeleitet wird.

Muss man einen Inkassomitarbeiter reinlassen?

Nein. Grundsätzlich ist niemand, erst recht nicht das Inkassopersonal, berechtigt, Ihre Wohnung oder Ihr Wohnhaus zu betreten. Erlaubt ist dies nur in Sonderfällen aus besonderen Umständen, etwa durch einen richterlichen Beschluss oder nach polizeilichem Ermessen im ernstesten Fall. Hierfür genießen Sie den Schutz des grundgesetzlichen Artikels 13 GG.

Sollte ein unseriöser Mitarbeiter die Wohnung dennoch betreten, fordern Sie diesen umgehend  auf, zu gehen und rufen Sie gegebenenfalls die Polizei. Dokumentieren Sie etwa mit Handybildern schnell den Vorfall und erwägen Sie eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.

Wenn die Inkassomitarbeiter drohen?

Als Schuldner müssen sie sich grundsätzlich auf einen gewissen Druck einstellen – allerdings darf Ihnen dabei keinesfalls zu viel zugemutet werden. Die durch das Inkasso Team Moskau im Fernsehen präsentierten Männer in schwarzer Kleidung überschreiten dabei gewiss die Grenzen eines gewissenhaften Schuldeneintreibers. Hierbei wird nämlich die Grenze des erlaubten Handels zur strafrechtlich relevanten Nötigung überschritten. Auch bei Befragung von Nachbarn ist der Bogen überspannt.

Das Landgericht Köln hat hierbei in einem Urteil festgestellt, dass solche Machenschaften eine unzulässige Handlung darstellen. In diesem Fall wurde dem Inkassobüro sogar die Lizenz entzogen (Az. 33 O 390/06).

Inkasso ohne Mahnung?

Manchmal kommt es vor, dass plötzlich und überraschend das Inkasso vor der Tür steht, ohne dass zuvor durch den Gläubiger eine Mahnung ausgesprochen wurde. Ist das zulässig? Ja. Ein Inkassounternehmen zu beauftragen, bedarf grundsätzlich nicht einer vorherigen Mahnung. Der Dienstleister ist damit beauftragt, die Schulden einzutreiben und spricht damit stellvertretend die Mahnung aus, denn diese muss nicht durch eine persönliche Aufforderung durch den eigentlichen Gläubiger ausgesprochen werden. Voraussetzung für diese Mahnung – unabhängig davon, durch wen ausgesprochen – ist stets, dass die Forderung fällig ist. Fälligkeit bedeutet den Zeitpunkt, an dem der Schuldner (meist nach Vereinbarung) zu bezahlen hat. Danach gerät – so der gesetzliche Normalfall – der Schuldner in Verzug und trägt sämtliche Kosten für die Rechtsdurchsetzung.

Inkassoverfahren mit Schufa-Eintrag?

Grundsätzlich ist es durchaus möglich, dass ein Inkassoverfahren mit einem gegebenenfalls unangenehmen Schufa-Eintrag endet. Dass das Unternehmen Ihre Daten an die Schufa weiterleitet, ist allerdings nur dann möglich, wenn Sie diesem vorher wirksam zugestimmt haben, so auch von §4 Absatz I und III des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gefordert.

Wenn die Daten gegen Ihren Willen übermittelt werden sollten, so ist dies nur unter den strengsten Voraussetzungen möglich. Nur dann, wenn das allgemeine Interesse an Ihrer Zahlungsunfähigkeit überwiegt, ist ein solcher Eingriff in Ihre durchaus schutzwürdige Privatsphäre berechtigt.

Unzulässig ist stets, dass der Schufa-Eintrag als Druckmittel angewendet wird, um Sie missbräuchlich zum Zahlen zu bewegen. Im Ernstfall bleibt Ihnen stets der gerichtliche Weg per einstweilige Verfügung bei Eilbedürftigkeit oder Klage auf Löschung offen.

Wie wehren bei unbegründeten Forderungen?

Da das Inkassounternehmen stets einseitig durch den Gläubiger beauftragt wird und somit auch eine zumeist einseitige Informationslage hat, ist es nicht verwunderlich, aber durchaus ärgerlich, wenn das Inkassounternehmen einem mutmaßlichen unbegründete Forderungen stellt.

Fordern Sie stets vom Inkassopersonal zunächst entweder eine Vollmacht zum Erlangen der Forderungen oder eine Abtretung der Forderung durch den Gläubiger an das Unternehmen. Ohne einen entsprechenden Nachweis sollten Sie Standhaftigkeit beweisen und nicht reagieren.

Wie bereits geschildert, kann durchaus die Grenze zur strafbaren Nötigen überschritten werden. Eine Drohung mit körperlicher Gewalt oder anderen unseriösen nicht-rechtlichen Mitteln ist wie auch ein penetrantes und belästigendes Verhalten strafbar. So entschied auch das Landgericht Köln (Az. 33 O 390/06).

Erstatten Sie in diesem Fall Anzeige bei der örtlichen Polizei und erwägen Sie eine Unterlassungsklage gegen das Inkassounternehmen beim zuständigen Gericht auf zivilem Wege.

Sollte das Inkassounternehmen eine Forderung verlangen, welche Ihrer Ansicht nach nicht gegen Sie besteht, haben Sie das Recht zu einer Klage auf Feststellung. Dabei klärt das zuständige Gericht, ob der durch das Inkassobüro geltend gemachte Anspruch auch tatsächlich besteht. Hierfür sollten Sie allerdings stets einen Anwalt aufsuchen, denn die Beweislast für das Nichtbestehen der Forderung tragen Sie. Ein solches Vorgehen lohnt sich allerdings meistens nicht. Lassen Sie unberechtigte Forderungen von Inkassobüros zunächst links liegen. Denn manchmal kann hierin auch die Masche unseriöser Unternehmen liegen, die auf Zahlungen durch eingeschüchterte und ängstliche Menschen spekulieren.

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1 Kommentar

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  • Guten Tag,

    ich habe eine Forderung von 38,02 Euro nicht beglichen. Dann ging das ganze über zu einem Inkassounternehmen an die ich 5 Euro monatlich zahlte. Damit waren diese nicht einverstanden, ich zahlte trotzdem. Nun ging das an die Rechtsanwaltskanzlej, die das 6 Fache der Hauptforderung verlangt. Dies kann dochnicht rechtens sein. Vor allem Einigungsgebühr von 79,40 Euro. Ich habe nie was unterschrieben, sondern einfach nur die Raten gezahlt. Mit der Ratenzahlung ist die Hauptforderung bereits getilgt. Ich bitte um Hilfe.

    mfg

    Roswitha bayer

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