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Wenn sich die Bahn verspätet – Ihre Rechte als Fahrgast

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Bahn verspätet – Ihre Rechte: Wer berufsbedingt täglich zur Arbeitsstelle pendelt, weiß, dass der Arbeitsweg zur Zerreißprobe werden kann, besonders dann, wenn man auf öffentliche Verkehrsmittel wie die Bahn angewiesen ist. Aber auch wer mit der Bahn in den Urlaub oder zum Flughafen fährt, kann mit manch einer bösen Überraschung konfrontiert werden. Fehlerhafte Aushänge, verpasste Anschlüsse, Verspätungen – was Ihnen als Fahrgast nicht zugemutet werden muss, erfahren Sie hier!

Entschädigungen bei Zugverspätungen

Verspätet sich Ihr Zug, haben Sie seit Inkrafttreten Ende 2009 der EU-Verordnung Nr. 1371/2007 ein grundsätzliches Recht auf Entschädigung. Diese gilt für die nicht ordnungsgemäße Verrichtung der Beförderungsleistung – eine Haftung der Bahn für Folgekosten wie verpasste Flüge etc. gibt es hingegen nicht. Um die Entschädigung wegen Verspätung zu bemessen, ist die Ankunftszeit am Zielort maßgebend. Wer also am Frankfurter Flughafen um 15:32 Uhr statt um 14:00 Uhr ankommt, hat eine Verspätung von 1 Stunde und 32 Minuten.

Die Höhe der Entschädigung bemisst sich gestaffelt nach dem Grad der Verspätung:

  • Ab 1 Stunde: 25% des bezahlten Fahrpreises
  • Ab 2 Stunden: 50% des bezahlten Fahrpreises

Diese Entschädigung wird allerdings erst ab einem Betrag von 4€ ausgezahlt. Kosten für den ICE-Sprinter werden bereits ab 30 Minuten in Gänze erlassen. Wenn Sie über Nacht im Bahnhof festsitzen, gewährt Ihnen die Bahn pflichtmäßig die Übernachtungskosten.

Sonderfall: Bahn- und Zeitkarten

Wer eine Zeitkarte (wie ein Landes- oder Wochenendticket) hat, bekommt jeweils ab 60 Minuten Verspätung eine Pauschale. Dabei gilt:

  • Für Wochenend- und Ländertickets: 1,50€ (2. Klasse) und 2,25€ (1.Klasse)
  • Wochen-, Monats- oder Jahreskarten: 5€ (2. Klasse) und 7,50€ (1. Klasse)

Für Nutzer einer Wochen(-end)- oder Monatskarte empfiehlt es sich, die einzelnen Verspätungen schriftlich festzuhalten und diese nach Ablauf der Karte bei der Bahn einzureichen. Bei Jahreskarten können Sie bereits ab 3 Verspätungen während des Jahres Ihre Entschädigung beanspruchen.

Wichtig: Für Zeitkarten gilt eine Obergrenze an Entschädigungsleistungen von bis zu 25% des gezahlten Kartenpreises.

Wenn die Verspätung angekündigt wird

Es kann vorkommen, dass bereits im Voraus bekannt ist, dass die gebuchte Verbindung eine Verspätung haben wird. Grundsätzlich gilt für Ihre Fahrkarte die sogenannte Zugbindung, was bedeutet, dass Sie lediglich den konkret bezahlten Zug nehmen dürfen.

Ist allerdings eine Verspätung von mindestens 20 Minuten angekündigt, haben Sie das Recht, einen anderen vergleichbaren Zug zu nutzen.

Wird eine Verspätung zwischen 0 und 5 Uhr angekündigt, beteiligt sich die Bahn bis zu einer Höhe von 80€ an den Kosten für ein abweichendes Transportmittel, wie beispielsweise ein Taxi.

Bei einer angekündigten Verspätung von mehr als 60 Minuten wird Ihnen ein Wahlrecht eingeräumt:
Sie können hierbei wählen, ob Sie sich den gesamten Fahrpreis unter Verzicht der Fahrt erstatten lassen oder können, wie bei einer angekündigten Verspätung, von 20 Minuten einen vergleichbaren Zug oder eine alternative Bahnstrecke nutzen.

Bahn verspätet – Wenn der Fahrplan falsch ist

Bei einer falschen Auskunft steht Ihnen ein Anspruch auf Schadenersatz gegen die Bahn zu. Zu beachten ist allerdings, dass lediglich der Fahrplanaushang am Bahnhof verbindlichen Charakter hat. Ihren Anspruch durchzusetzen ist allerdings nur dann möglich, wenn Sie die Unrichtigkeit des Aushanges beweisen können. Ersetzt bekommen Sie in diesem Fall zumeist die Fahrtkosten.

Wie Sie ihre Entschädigungsansprüche geltend machen

Um Beschwerde einzulegen, müssen Sie das Fahrgastrechte-Formular ausfüllen, welches Sie online bei der Bahn oder im Servicebereich Ihres Bahnhofs finden. Ihre Ansprüche sind stets hinreichend zu belegen: Die Fahrkarte oder eine Kopie und eine Bestätigung der Verspätung, welche Sie vom jeweiligen Zugbegleiter erhalten, sind Pflicht. Bei Handytickets und Online-Buchungen gilt die E-Mail zur Buchungsbestätigung als Beleg. Das ausgefüllte Formular samt Belegen kann dann in den Reisezentren der Bahn oder postalisch eingereicht werden.

Wichtig: Entschädigungsansprüche gegen die Bahn entfallen ein Jahr nach der Verspätung.

Wann Sie keinen Anspruch auf Entschädigung haben

Grundsätzlich gewährt Ihnen eine Verspätung im Rahmen der vorgegebenen Grenzen ein Recht auf Entschädigung. Beruht diese jedoch auf Umständen „außerhalb des Eisenbahnbetriebs“, haben Sie keinen Anspruch. Diese Klausel ist allerdings sehr eng auszulegen. Ein solcher Grund liegt beispielsweise vor, wenn ein Dritter die Verspätung verschuldet, z.B. durch das Ziehen der Notbremse, einen Unfall oder einen Suizid. Gemäß der Rechtsprechung vom 23. September 2013 des Europäischen Gerichtshofes hat die Bahn Ausfälle und Verspätungen durch Unwetter (höhere Gewalt) und Streiks zu verantworten.

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