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Wann hat man ein Vorkaufsrecht als Mieter?

© M.Schuppich / Fotolia

Vorkaufsrecht als Mieter – Vor allem für Mieter, welche schon Jahre oder Jahrzehnte dieselbe Wohnung bewohnen, bedeutet ein Eigentümerwechsel der Wohnung Grund zur Sorge. Nicht selten folgen darauf nämlich etwa Eigenbedarfskündigungen, Mieterhöhungen oder gar Kündigungen zwecks Generalsanierung. Doch in manchen Fällen haben Mieter ein Ass im Ärmel – das sogenannte gesetzliche Vorkaufsrecht. Mehr dazu erfahren Sie hier!

Das Vorkaufsrecht – wozu eigentlich?

Häufig ist es in Städten unter Immobilienbesitzern eine gängige und lukrative Praxis, Mehrfamilienhäuser, welche aus mehreren Mietwohnungen bestehen, in jeweils einzelne Eigentumswohnungen zu zerstückeln und diese dann zu verkaufen – meist zu einem höheren Preis als das Gesamtpaket. Der Bundesgerichtshof machte in einer Entscheidung (Az. 51/14) klar, dass das Vorkaufsrecht vor allem deshalb dem Mieter zusteht, weil er gegenüber Wohnungsspekulanten als schutzbedürftig gilt.

Besteht immer ein Vorkaufsrecht?

Grundsätzlich besteht nicht in allen Fällen ein Vorkaufsrecht. Voraussetzung für einen solchen Anspruch seitens des Mieters ist regelmäßig, dass während des laufenden Mietverhältnisses die Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird und diese an einen Dritten verkauft werden soll. Dies ergibt sich aus der für das Vorkaufsrecht zentralen Bestimmung, nämlich dem §577 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Gibt es Ausnahmen vom Vorkaufsrecht?

In Bezug auf das Vorkaufsrecht eines Mieters aus §577 BGB gibt es zwei zentrale Ausnahmen. Erstens ist ein Vorkaufsrecht nicht begründet, wenn es sich bei dem Käufer um einen Familienangehörigen des Vermieters oder einen Angehörigen seines Haushalts handelt. Dann nämlich geht das Recht gemäß §577 Absatz I Satz 2 BGB davon aus, dass das Eigentum „in der Familie“ bleiben soll, der spekulative Charakter der Sache entfällt und somit der Mieter nicht mehr des Schutzes bedarf, der ursprünglich für die Einführung des Vorkaufsrechtes für Mieter Anstoß gab.

Wann entsteht das Vorkaufsrecht?

Voraussetzung für das Entstehen eines Vorkaufsrechtes ist immer der Eintritt des juristisch genannten Vorkaufsfalls im Sinne des §463 BGB. Dieser Vorkaufsfall tritt immer dann ein, wenn der vorkaufsverpflichtete Vermieter mit einem Dritten einen wirksamen Kaufvertrag schließt.

Dann muss der Mieter gegenüber dem Vermieter die Ausübung des Vorkaufrechtes erklären. Diese Erklärung ist gemäß §464 Absatz I BGB grundsätzlich formfrei (ganz im Gegensatz zum späteren Kaufvertrag über Immobilien), allerdings empfiehlt sich hier immer die Wahl der schriftlichen Form.

Was bewirkt die Ausübung des Vorkaufsrechts?

Entschließt sich der vorkaufsberechtigte Mieter, die Ausübung seines Vorkaufsrechtes zu erklären, entsteht ein eigenständiger Kaufvertrag. Landläufig angenommen wird hingegen, dass der Vorkaufsberechtigte an die Stelle des ursprünglichen Käufers im vormaligen Kaufvertrag tritt. Juristisch gesehen ist dies allerdings nicht der Fall.

Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Mieter wird der Kaufvertrag über die Wohnung zwischen dem Vermieter und dem Dritten nicht  unwirksam. Viel mehr bestehen zu diesem Zeitpunkt zwei wirksame (!) Kaufverträge zur gleichen Zeit, wobei allerdings der Vermieter seinem derzeitigen Mieter den Vortritt einräumen muss. In der Praxis werden daher in Kaufverträgen über Wohneigentum Rücktrittsklauseln implementiert, welche im Falle einer Ausübung eines Vorkaufsrechts den Rücktritt des Vermieters gewährleisten.

Kann das Vorkaufsrecht vereinbart werden?

Ja! Vom gesetzlichen Regelfall aus §577 BGB muss nicht zwangsläufig ausgegangen werden. Die Vertragsparteien sind frei darin, ein solches Vorkaufsrecht vertraglich zu vereinbaren. Dessen Zweckmäßigkeit liegt darin, dass der Mieter von sich aus die Bereitschaft haben kann, in die Renovierung der Wohnung Geld zu investieren. Ansonsten müsste nämlich der Eigentümer (zunächst der Vermieter) zum Teil nicht unerhebliche Summen an Geld aufbringen, um die Wohnung in einen Verkaufsfähigen Zustand zu bringen. Eine solche Vereinbarung stellt also eine Win-Win-Situation dar. Sie bedarf allerdings stets der notariellen Beurkundung gemäß §311b in Verbindung mit § 125 BGB.

Die Vereinbarung kann entweder in einem für sich stehenden Vertrag oder im Mietvertrag festgehalten werden. Da im Falle von letzterem der gesamte Mietvertrag einer notariellen Beglaubigung unterzogen wird, ist dies der wesentlich teurere Weg.

Die Informationspflicht des Vermieters

Gemäß den Bestimmungen zum Vorkaufsrecht des Mieters ist der Eigentümer stets verpflichtet, den Inhalt des Verkaufsvertrages mit Dritten seinem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Darüber hinaus hat der Eigentümer nicht nur eine Mitteilungspflicht über den Kaufvertrag, sondern auch eine Aufklärungspflicht zum Vorkaufsrecht des Mieters. Er muss ihn darauf hinweisen, dass er sich binnen zwei Monaten entscheiden kann, ob er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen möchte.

Schadenersatz vom Vermieter?

Kommt der Vermieter seinen Pflichten nicht nach, kommt ein Schadensersatz durchaus in Frage. Grundlage hierfür ist die zentrale Vorkaufsregelung aus §577 BGB in Verbindung mit den Allgemeinen Schadensersatzbestimmungen aus §280 Absatz I BGB. Die Höhe ist von Einzelfall zu Einzelfall derart unterschiedlich, dass eine grobe Einschätzung vorab nicht möglich ist. In der Regel kann ein Schadenersatz für den Vermieter empfindliche Höhen annehmen. Dabei hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Beginn des Jahres 2015 (Az. VIII ZR 51/14) den Schadensumfang erheblich vergrößert. So ist es für den Mieter gegebenenfalls auch gestattet, den entgangenen Gewinn im Falle der Ausübung seines Vorkaufsrechts als Schaden geltend zu machen. In diesem Fall gab das Gericht einer Mieterin Recht, die durch den entgangenen Kauf der Wohnung einen Gewinnausbleib von 80.000,00 € hatte.

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