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Mietrecht: Die größten Rechtsirrtümer

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Mietrecht: Die größten Rechtsirrtümer – Darf ich auf meinem Balkon grillen? Muss ich immer meinen Ausweis dabeihaben? Müssen Verträge immer schriftlich geschlossen werden? Im Laufe der Geschichte haben sich dutzende volkstümliche Rechtsirrtümer herausgebildet. Wir machen hier eine kurze Lektion Jura für Jedermann und beseitigen die meisten rechtlichen Volksirrtümer. Wir haben für Sie einen kleinen Wegweiser durch die Paragrafenwelt erstellt. Heute alles zum Thema Wohnung und zu Ihren Rechten und Pflichten.

Darf der Vermieter einen Zweitschlüssel besitzen?

Nein, das hätte er wohl gern. Ein Vermieter hat definitiv keinen Anspruch auf einen Schlüssel für ihre Wohnung! Ebenso wenig hat er den Anspruch und die Erlaubnis zum unangekündigten Zutritt. Möchte er in Ihre Wohnung, muss er das rechtzeitig ankündigen sowie begründen. Folgt er diesen Schritten nicht, hat ein Mieter das Recht, fristlos zu kündigen.
Wollen Sie aber in den Urlaub, wäre es ratsam, wenn Sie einer Vertrauensperson einen Schlüssel geben und ihrem Vermieter Bescheid geben. Bei Notfällen muss die Wohnungstür dann nicht aufgebrochen werden.

Muss beim Auszug renoviert werden?

Oft ist in Mietverträgen die Rede von Schönheitsreparaturen. Darunter wird alles zusammengefasst, was abgenutzt wurde, aber mit den einfachsten Schritten wieder auf Vordermann gebracht werden kann. Löcher schließen, Tapezieren, die Wände streichen. Aber nicht all diese Klauseln sind wirksam. Unwirksam sind beispielsweise Klauseln, die Erneuerungen in festen Abständen fordern: alle 3 Jahre wird gestrichen. Solchen Angaben muss man nicht folgen, sie sind unzulässig. Ebenso müssen undefinierte Klauseln nicht befolgt werden.

Grundsätzlich ist der Zustand entscheidend, indem der Mieter die Wohnung übernommen hat. Hat ein Vermieter die Wohnung komplett neu renoviert und im ausgezeichneten Zustand übergeben, sollte die Wohnung bei Rückgabe in einem wiedervermietbaren Zustand bestehen.  Und dies ist nur möglich, wenn der Zustand in farblich neutralem und üblichem Farbempfinden und Geschmack gehalten wird.

Dürfen Haustiere alles?

Quatsch. Die in der Wohnung lebenden Haustiere müssen so erzogen und gehalten werden, dass dem Nachbarn keine unzumutbare Behinderung durch Bellen und Kratzen entsteht.
Gerichtliche Spruchkammern haben in ihren Entscheidungen feste Zeiten vorgegeben, in denen Geräusche zumutbar sind. Das Gebell eines Hundes darf zwischen 8 Uhr bis 13 Uhr oder von 15 Uhr bis 19 Uhr insgesamt höchstens 30 Minuten andauern. Dauerbellen ist anderen Mietern nur maximal 10 Minuten zumutbar.

Muss Kinderlärm und Geheule geduldet werden?

Ja, denn Gerichte sind in solchen Fällen auf der Seite der Familien und deren Kindern. Durch Kinder verursachter Lärm ist „als Begleiterscheinung kindlicher und jugendlichen Freizeitverhaltens in höherem Maße“ zu ertragen. So entschied sich der Bundesgerichtshof (BHG, Az. VIII ZR 244/02). Auch nachts ist Geschrei zumutbar und üblich für Kinder. Etwas anderes wird bei Aktivitäten gesehen, die grundsätzlich für Draußen geeignet sind: Fahrradfahren, Rollschuhfahren, Fußballspielen. Auch im Hausflur ist das nicht gestattet. Das Spielen und Weinen ist aber ein vertragsgemäßer normaler Gebrauch der Wohnung, deshalb müssen es Nachbarn in den meisten Fällen hinnehmen.

Welche Rechte habe ich bei zu starker Lärmbelästigung von Kindern?

Das kinderfreundliche Urteil des BHG gewährt grundsätzlich keinen Anspruch auf Unterlassung des normalen Kinderlärms, denn der Drang nach Spielen und Bewegung ist nicht einzuschränken.
Dementsprechend ergibt sich daraus, dass Mieter Geräusche ertragen müssen. Auch während Ruhezeiten muss ein Mieter Geschrei hinnehmen und kann die Miete nicht mindern, egal ob Mittagsruhe oder Nachtruhe ab 22 Uhr. Wo die Frage der Mietminderung beginnt, hängt davon ab, inwiefern die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzen und die Grenze des ertragbaren Pegels überdurchschnittlich erreicht ist. Beispielsweise, wenn Kinder die Rollläden stundenlang auf-und-zu klappen oder mit einem Hammer den Fußboden bearbeiten. Solche Geräusche sind nicht mehr sozialadäquat.

Die Störung für andere Nachbarn kann nicht mehr zugemutet werden und berechtigt diese, eine Unterlassung zu fordern. Des Weiteren ist auch die Möglichkeit zur Mietminderung gegeben.
Dabei entscheidet jedoch stets der Einzelfall.

Darf ich die Miete mindern, wenn die Wohnung zu klein ist?

Es kommt darauf an, wie weit bei der Angabe der Quadratmeteranzahl geschummelt wurde.
Beträgt der Unterschied der Wohnung mehr als 10% als eigentlich vertraglich vereinbart, steht dem Mieter eine Minderung zu. Das Ganze gilt aber auch umgekehrt, wenn die Wohnung tatsächlich 10% größer ist, als angegeben. Da kommt eine Mieterhöhung auf den Mieter zu. (BGH, Az. VIII ZR 138/06)

Darf der Mieter über neue Nachmieter entscheiden?

Es besteht der Irrtum, dass man als Mieter 3 Nachmieter stellen kann und sofort frühzeitiger aus dem Mietvertrag kommt. Mieter müssen sich jedoch an Fristen halten, da können Sie so viele Nachmieter wie sie wollen vorstellen. In einigen Sonderfällen kann man geltend machen, dass man vorzeitig aus dem Mietverhältnis heraustreten kann. Da bietet es sich jedoch an, dass man Nachmieter vorstellt, damit der Vermieter keine Verluste macht. Am Ende entscheidet aber nur der Vermieter selbstständig, an wen er sein Eigentum vermieten möchte. Beispielfälle sind eine lange schwere Krankheit, Wohnungswechsel aus berufsbedingten Gründen, Auszug in das Altersheim oder Familienzuwachs.

Dürfen Lebenspartner einfach so einziehen?

Grundsätzlich darf man seinen Lebenspartner zu sich einziehen lassen. Es bedarf jedoch einer vorherigen Einverständniserklärung des Vermieters. Wird dies verpasst, kann in Härtefällen eine Kündigung drohen. Bei Beispielen mit Untervermietungen hat der BHG entschieden, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, wenn keine Genehmigung eingeholt wurde. (Az.: VIII ZR 74/10)

Darf ich auf meinem Balkon grillen?

Sommerzeit ist Grillzeit, aber eigentlich gibt es kein Recht darauf, auf dem Balkon zu grillen. Auch die Gerichte sind sich nicht sicher. Das Landgericht Essen entschied, dass ein Verbot nur zulässig ist, wenn ein Vermieter dies im Mietvertrag festgelegt hat. (Az.: 10 S 438/01) Wenn aber keine Regelung vorliegt, können Mieter auf dem Balkon grillen. Entsteht aber beim Grillen starker Qualm und Rauch und begibt sich in Nachbarwohnungen, ist das Grillen auf dem Balkon verboten. Das Bonner Amtsgericht entschied sich sogar ganz anders: Zwischen April und September darf 1-mal im Monat auf dem Balkon gegrillt werden. (Az.: 40 C 229/72). Voraussetzung dafür ist aber, dass alle Mitmieter 48 Stunden im Voraus informiert werden.

Auch gibt es besondere regionale Unterschiede. Die Bayern zählen das Grillen zu ihrer Tradition und deshalb sind 5 Grillfeten im Jahr gestattet. (BayObLG, Az. 2 Z BR 6/99). Spaßbremse Schwaben erlaubt hier allein 6 Stunden (LG Stuttgart, Az. 10 T 359/96).

Darf die Gartenzaunhöhe beliebig hoch sein?

Nein, das ist nicht richtig. Jedes Bundesland und die jeweilige Gemeinde setzt für den Zaun differenzierte Grenzen. Im Durchschnitt liegt die Höhe zwischen 1,20 Metern und 1,50 Metern.

Dürfen alle Mieter den Garten nutzen?

Nein. Ein Garten darf nur genutzt werden, wenn er als Gemeinschaftsgarten im Mietvertrag festgesetzt ist und die Nutzung dort geregelt ist. (KG Berlin, AZ: 8 U 83/06)

Darf die Kaution abgewohnt werden?

Nein. Die Kaution darf nicht mit der monatlichen Miete verrechnet werden. Das vorherige Abwohnen ist unzulässig. Der Vermieter hat nach Auszug eines Mieters 6 Monate Zeit, diese zurückzuzahlen, sofern keine Mängel und Ansprüche zu beseitigen sind. (OLG Frankfurt, AZ: 2 W 10/04)

Kann ich von einem Mietvertrag zurücktreten?

Viele denken, dass man nach unterschreiben eines Mietvertrages immer noch 14 Tage Zeit hat, aus dem Vertrag zurückzutreten. Doch bei Mietverträgen gibt es kein Widerrufsrecht. Ein Mietvertrag ist nach dem Unterzeichnung bindend, da solche Verträge grundsätzlich mit Bedacht geschlossen werden und sich auf genaues Überlegen stützen. Deshalb kann man nach 14 Tagen nicht widerrufen und unterliegt der 3-Monatigen Kündigungsfrist. Ob man dann tatsächlich in der Wohnung wohnt oder nicht, ist egal. Nach Abschließen des Vertrages muss man zahlen.

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