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Erbrecht

Die Pflegekraft als Erbe – Geht das?

© Andrey Popov / Fotolia

Pflegekraft als Erbe einsetzen. – Viele alte Menschen teilen in Deutschland das Schicksal, in einem Pflegeheim ihren Lebensabend zu verbringen. Dabei verbringen dort die Senioren häufig mehrere Jahre, zum Teil auch mehr als ein Jahrzehnt. Da ist es nicht verwunderlich, dass mit der Zeit engere Bindungen zwischen dem Pflegepersonal und den älteren Herrschaften entstehen, welche auch über den Tod hinausgehen können: per Erbschaft oder Vermächtnis. Doch wie verhält sich dies rechtlich? Wie sieht die Rechtslage in anderen Pflegebereichen, beispielsweise daheim aus?

Grundsätzlich gilt: Testierfreiheit

Testierfreiheit ist die juristische Bezeichnung für jene Freiheit des Einzelnen, frei und unabhängig über das eigene Testament und die darin enthaltenen Verfügungen von Todes wegen zu bestimmen. Diese ist explizit in §1937 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und genießt darüber hinaus grundrechtlichen Schutz: Als Schutzgut der sogenannten Eigentumsgarantie ist sie gemäß Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes gewährleistet.

Allerdings gelten das Erbrecht und die darin enthaltene Testierfreiheit nicht uneingeschränkt, klassisches Beispiel und gravierendste Einschränkung ist dabei der Pflichtteilsanspruch naher Verwandten und Angehörigen.

Auch ist die Testierfreiheit in Bezug auf Pflegepersonal in unserer Rechtsordnung eingeschränkt.

Im Pflegeheim gilt das Heimgesetz

Wie obig beschrieben gilt grundsätzlich die Testierfreiheit des künftigen Erblassers. Eine besondere Einschränkung findet sich allerdings im Heimgesetz: Gemäß §14 des Heimgesetzes (HeimG) ist es dem Leiter, dem Heimpersonal und sonstigen Beschäftigten im Heim ausdrücklich verboten, sich Geld- oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Eine solche Leistung liegt freilich dann nicht vor, wenn es sich dabei um eine geringwertige Leistung handelt. Allerdings ist damit regelmäßig unwirksam, dass die gepflegte Person die jeweiligen Personen als Erben bedenkt.

Das Heimgesetz wurde nicht aus dem Blauen heraus erlassen. Grundlage hierfür waren unzählige Fälle, in denen über solche Geld- oder geldwerten Leistungen die Pflegebedürftigen sich bevorteilen ließen, sozusagen damit das Pflegepersonal bestachen. Darüber hinaus wollte man verhindern, dass anders herum die Hilflosigkeit und auch etwaige Einsamkeit dieser Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt wird. Zwar handelt es sich beim Heimgesetz und dem §14 HeimG um eine Einschränkung der Testierfreiheit, allerdings ist diese zum Schutze der Heimbewohner angelegt. Zuvor wurden solche Fälle lediglich als sittenwidrige Geschäfte im Sinne des §134 BGB erachtet und waren damit nichtig.

Dieses Verbot von Leistungen an Personal und Co. betrifft allerdings lediglich die Fälle, in denen der Heimbewohner auch der betreffenden Person die Absicht erklärt, sie zu beerben. Wenn allerdings die Pflegekraft bis zur Offenlegung des Testaments nach dem Tode nichts von der Erbschaft wusste, greift das Verbot nicht. Diese Rechtsauffassung ist nicht unumstritten. Fakt ist jedoch, dass das Heimgesetz vor allem den Heimfrieden zu erhalten beabsichtigt. Dieser Heimfriede ist dann gewahrt, wenn zu Lebzeiten das Personal nichts von der Erbschaft wusste. Ein solches Testament mit „überraschendem“ Inhalt ist jedoch nicht zwangsläufig in Stein gemeißelt. Nicht selten kommt es vor, dass die Hinterbliebenen nach dem Erbfall deshalb das Testament mit allen Mitteln anzufechten versuchen, indem Sie durch Krankenakten, Gutachten und Pflegeberichte des Erblassers die geistige Zurechnungsfähigkeit in Frage stellen.

Das Heimgesetz gilt nur für Pflegeheime

Unbedingt festzuhalten ist allerdings, dass das Heimgesetz und das in §14 enthaltene Leistungsverbot lediglich für Pflege- und Seniorenheime gelten. Das Verbot erstreckt sich nicht auf sonstiges Pflegepersonal, welches daheim im Haushalt angestellt ist. Auch ambulantes Pflegepersonal ist nicht von §14 erfasst.

In solchen Fällen ist in aller Regel das Testament (sofern es nicht an der geistigen Fähigkeit des Erblassers scheitert) gültig. Somit müssen es die Verwandten sogar hinnehmen, dass etwa die ungarische Hilfskraft das Haus erbt. Auch die freundliche Nachbarsdame, die sich über Jahre um den kranken Opa gekümmert hat, kann grundsätzlich einschränkungsfrei beerbt werden.

Zu beachten ist jedoch, dass viele Krankenpfleger kraft einer arbeitsvertraglichen Regelung ein solches Erbe nicht annehmen dürfen. Hier gilt es, die Sache mit dem Arbeitgeber abzusprechen.

Sonderfall: Unbestimmte Erben

Grundsätzlich ist die Bestimmung eines Erben, welcher im Testament namentlich noch gar nicht bekannt ist, unzulässig. Eine Bestimmung wie „Beerben soll mich jene Pflegekraft, die mich versorgt“ ist damit durchweg nichtig. Auch die Bestimmung der Bedachten an Dritte zu delegieren („mein Bruder soll denjenigen als Erben einsetzen, der mich bis zum Ende gepflegt hat“) ist unwirksam, was klar aus §2065 BGB hervorgeht – das Testament ist demnach eine höchstpersönliche Angelegenheit und kann daher (wie auch beispielsweise die Eheschließung) nicht delegiert werden.

Allerdings gibt es hier einen rechtlichen Kniff: Entweder kann der Erblasser den eigenen Erben mit einer Auflage (gemäß §2193 Absatz I BGB) versehen, wonach dieser das Erbe nur erhält, wenn er dem (hier zulässigerweise nicht namentlich genannten) Pflegepersonal eine bestimmte Zuwendung leistet. Ebenfalls möglich ist im Sinne des §2151 BGB einem Dritten nach dem Erbfall das Recht zu übertragen, dass der Dritte bestimmen kann, wer ein Vermächtnis erhalten soll.

Fazit

Grundsätzlich sind Leistungen an das Heimpersonal auf Grundlage des §14 HeimG unzulässig. Ein zulässiger Sonderfall liegt dann vor, wenn niemand von der Erbschaft an das Personal wusste. Ambulantes Personal und sonstige Pflegekräfte außerhalb des Heims sind von dieser Regelung nicht betroffen, außer wenn eine entgegenstehende arbeitsvertragliche Regelung besteht.

Unbestimmte Erben sind im Testament grundsätzlich ungültig, über entsprechend umgehende Bestimmungen kann man dies allerdings verhindern.

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